Samstag, 24. Oktober 2015

Wie Befragungen und Studien zu vegetarisch-veganer Lebensweise gelingen

Es gibt Fehler bei der Durchführung von Befragungen, die Sie unbedingt vermeiden sollten. Insbesondere bei Studien zu der vegetarisch-veganen- Lebensweise sollten Sie folgendes beachten:

1. Das Anliegen vorstellen

Hier reicht es aus, kurz Ihren Namen zu nennen, Ihr Studienfach oder Ihre Profession und den Rahmen in dem Sie diese
Befragung durchführen. Beispielsweise so: „Mein Name ist Max Mustermann, ich studiere Psychologie und arbeite aktuell an meiner Bachelor-Arbeit“. Sollte Ihre Befragung durch eine Institution außerhalb der Universität (Unternehmen oder Verein) aktiv unterstützt werden, sollten Sie dies kenntlich machen und ggf. kurz erklären, wie es zu dieser Unterstützung kam. Für weitere Nachfragen Kontaktdaten hinterlegen.


2. Das Thema vorstellen

Es ist sinnvoll, kurz das Thema der
Befragung zu beschreiben. Hier reicht es in der Regel, einen Satz zu schreiben. Am sinnvollsten ist es, wenn Sie eine spannende Frage formulieren, auf die Sie mit Ihrer Studie eine Antwort finden wollen.

Sie müssen Ihre
Hypothesen hier aber nicht exakt und vollständig darlegen. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zu verzerrten Ergebnissen führen. Ein Beispiel: Sie wollen die Hypothese prüfen, ob vegan lebende Menschen seltener Impfungen in Anspruch nehmen, als Menschen, die vegetarisch leben.  Wenn Sie die Personen der Zielgruppe nun mit dieser Hypothese konfrontieren, kann es dazu führen, dass Teilnehmer beschließen, den Ausgang Ihrer Befragung zu beeinflussen- indem sie beispielsweise nicht ganz ehrlich antworten. Hier wäre es günstiger, das Thema etwas breiter zu beschreiben: Beispielsweise indem Sie schreiben, dass Sie den Zusammenhang der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und vegetarisch-veganer Lebensweise untersuchen. Das entspricht ebenfalls der Wahrheit und Sie haben dann die Möglichkeit, im Fragebogen noch andere medizinische Leistungen auzuflisten, die neben Impfungen stehen könnten. Damit lenken Sie nicht den Fokus auf Impfungen im Speziellen. Den“ wahren“ Fokus Ihrer Untersuchung können Sie den Teilnehmern im Anschluss an die Befragung mitteilen.

Wenn Sie nicht das echte Thema Ihrer
Befragung nennen möchten, stehen Sie vor der schwierigen Frage, ob Sie das Thema Ihrer Befragung verschleiern können. Es kann sogar sein, dass Sie mit einer „Cover-Story“ arbeiten wollen, damit die Teilnehmer nicht genau verstehen, worauf Sie hinauswollen. Dann müssen Sie dies zumindest am Ende der Befragung auflösen und den Teilnehmern erklären, warum Sie so vorgegangen sind. Diese Vorgehensweise sollten Sie auf keinen Fall wählen, wenn Sie eine Befragung durchführen, die „heikle“ Themen anspricht, also Sachverhalte, die bei den Teilnehmern unangenehme Erinnerungen oder Gedanken auslösen könnten.

Generell sollten Sie Ihre Hypothesen neutral formulieren. Eine Studie, die das Ziel hat, zu zeigen, dass vegetarisch-vegan lebende Menschen glücklicher sind, als andere Menschen, wird vor allem Menschen zur Teilnahme motivieren, die diese Hypothese bestätigen wollen. Das führt zu verzerrten Ergebnissen, die nicht ernst genommen werden.


Im Anschluss daran bitten Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausdrücklich zu bestätigen, dass Sie an der Studie teilnehmen möchten. Das kann so aussehen:





Wenn Personen die zweite Option auswählen, können Sie diese mit einer Sprungfunktion direkt an das Ende der Befragung leiten.


3. Persönliche Angaben

Grundsätzlich sollten nur so wenige Daten wie möglich erhoben werden, die einen Rückschluss auf individuelle Personen ermöglichen. Setzen Sie die Fragen lediglich theoriebasiert ein. Fragen Sie also nur nach genauem Wohnort, Einkommen und Anzahl der Kinder, wenn Sie diese Variablen begründet in Zusammenhang mit Ihren Daten setzen möchten, nicht nur aus reiner Routine. Sollten Sie motiviert sein oder dazu angehalten worden sein (z.B. von den Betreuern ihrer Arbeit), personenbezogene Daten zu erheben, sollten Sie dann die Möglichkeit offen lassen, diese nicht zu beantworten (die Fragen also nicht als Pflichtfragen einsetzen). Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen die Fragen freiwillig beantworten ist höher, wenn sie am Ende einer interessanten Befragung  auftreten.

4. Anrede: Duzen oder Siezen

Es gibt nicht wenige Personen, die ungern mit „Du“ angesprochen werden. Wählen Sie also eine Formulierung, die jeder befragten Person angemessen ist. Verwenden Sie also im Zweifelsfall immer die Anrede per „Sie“, selbst wenn Sie einige der Teilnehmer persönlich kennen oder annehmen, dass viele Personen das „Du“ bevorzugen.

Auch bei der ersten Anrede in Ihrer Einleitung sollten Sie eher förmlich sein. „Sehr geehrte Damen und Herren“ klingt besser als ein einfaches „Hallo liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer“.

Selbstverständlich gibt es Ausnahmen. Wenn Sie eine Umfrage in Ihrem Freundeskreis durchführen, oder eine Studie mit Sechstklässlern planen, dann ist es selbstverständlich in Ordnung zu „Duzen“.

5. Anrede: Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Es gibt verschiedene Möglichkeiten unter denen Sie wählen können:

a) Beide Geschlechter immer gleichzeitig ansprechen:

„Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer“. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich zu empfehlen, da es beide Geschlechter gleichwertig berücksichtigt und den befragten Personen vertraut ist. Der Nachteil besteht jetzt darin, dass Sie längere Sätze bilden müssen.
Etwas kürzer ist: „Liebe Teilnehmer/-innen“.
Oder alternativ, aber weniger zu empfehlen: „Liebe Teilnehmer(innen)“.

„Liebe TeilnehmerInnen“. Dieses Binnen-I steht dafür, dass beide Geschlechter gemeint sind und ist platzsparender. Der Nachteil ist, dass es gewöhnungsbedürftig aussieht, schwer auszusprechen ist und zu Missverständnissen führen kann.

Nicht zu empfehlen sind die folgenden Varianten:

b) Die männliche Form verwenden:
„Liebe Teilnehmer“. Dann müssten Sie unbedingt einen Satz wie den Folgenden hinzufügen: „Wir verwenden hier die männliche Sprachform, diese ist bei allen Inhalten wertneutral zu verstehen und schließt die weibliche Bezeichnung stets mit ein“. Dies kommt in der Praxis häufiger vor, und bietet sich an, wenn die Mehrheit der befragten Personen männlich ist.

c) Die weibliche Form verwenden: „Liebe Teilnehmerin“. Dann müssten Sie ebenfalls einen Satz wie den Folgenden hinzufügen: „Wir verwenden hier die weibliche Sprachform, diese ist bei allen Inhalten wertneutral zu verstehen und schließt die männliche Bezeichnung stets mit ein“. Dies kommt in der Praxis sehr selten vor, und bietet sich an, wenn die Mehrheit der befragten Personen weiblich ist.


6. Das Geschlecht als Kategorie

Die klassischen Kategorien „Männlich“ und „Weiblich“ werden von manchen Menschen abgelehnt, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen möchten. Um der Vielfalt intergeschlechtlicher Realitäten gerecht zu werden, empfehlen wir die Aufnahme einer dritten Kategorie: „Anders, und zwar…“ Durch die Möglichkeit eine entsprechende Freitextantwort (nicht verpflichtend) zu geben, kann jede Person für sich die passende Antwort geben.
Im Fragebogen sieht das dann also so aus:



7. Die vegan-vegetarische Lebensweise kategorisieren

Zunächst müssen Sie sich überlegen, ob Sie sich auf die Ernährung oder die Lebensweise beziehen möchten. Letzteres ist umfassender, allerdings kann dabei die Frage aufgeworfen werden, inwieweit eine umfassende vegane Lebensweise in der Realität möglich ist, bzw. wann genau die Grenze des Möglichen überschritten wird. Im Zweifelsfall geben Sie eine genaue Definition vor. Die Antwortoptionen sollten das Spektrum möglich umfassend abbilden. Unser Vorschlag sieht so aus.



Anstatt das vegetarische Spektrum weiter zu differenzieren, haben wir die Kategorie „Wechselnd zwischen Vegetarisch und Vegan eingeführt“. Dass diese Kategorisierung empirisch sinnvoll war, können Sie hier nachlesen.  


8. Rückmeldung an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Eine Rückmeldung der Ergebnisse ist eine gute Methode, Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Mitarbeit zu motivieren. Allerdings ist dies sehr arbeitsaufwändig. Überlegen Sie sich also eine effiziente Form der Rückmeldung. Sie könnten beispielsweise anbieten, Ihre fertige Arbeit (die Sie vielleicht ohnehin anfertigen) zuzusenden. Das sollten sie aber nur tun, wenn Sie Ihre persönliche Arbeit auch wirklich freigeben wollen.

Alternativ können Sie ankündigen, dass Sie nur die wichtigsten Ergebnisse rückmelden, dann sind Sie nicht verpflichtet eine allzu umfassende Rückmeldung zu geben. Für die meisten Teilnehmer genügt dies in der Regel auch. Fragen Sie sich: Welche Aspekte meiner Studie sind für Teilnehmer womöglich besonders interessant?

Allerdings müssen die befragten Personen für eine Rückmeldung eine E-Mail-Adresse hinterlegen. Das ist zwar bei den gängigen Online-Portalen möglich, ohne die Anonymität zu gefährden, kann aber mit Misstrauen einhergehen. Einfacher wäre es, die Ergebnisse zu einem ungefähren Datum (z.B. im Januar 2016) im Internet an einer bestimmten Stelle zu veröffentlichen. Gerne hier auf diesem Blog!

Viel Erfolg bei ihrer Studie!

Donnerstag, 2. April 2015

Veganismus-Jugendkultur oder Wertewandel der Gesellschaft?

Vegane Lebenswelten sind zunehmend häufiger Thema von Forschungsarbeiten an Hochschulen. Eine größere Arbeit hat Jessica Nagel von der TU Dortmund verfasst: "Veganismus-Jugendkultur oder Wertewandel der Gesellschaft?"
Zusammenfassung:
  • Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden über Facebook geworben. 
  • Es wurden 1463 abgeschlossene Fragebögen ausgewertet. 
  • Etwa 82 % der befragten Personen leben erst seit drei Jahren oder weniger vegan. 
  • Die Mehrheit der Personen ist weiblich (75 %). 
  • Das Bildungsniveau der Personen ist insgesamt hoch. 
  • Es gibt Personen, die ohne Umweg über die vegetarische Lebensweise vegan leben (26 %). 
  • Ausnahmen bei der veganen Ernährung treten relativ häufig auf (J. Nagel bezeichnet das als „a.v.a.p." – as vegan as possible). 
  • Unter der Annahme, dass aktuell maximal 1% der Bevölkerung vegan leben, ist die Anzahl vegan lebender Familienangehöriger und vegan lebender Freundinnen und Freunde bei den befragten Personen höher, als zu erwarten wäre. 
  • Nur 5 % der befragten Personen gaben an, nie beleidigt, gemobbt oder ausgeschlossen zu sein. 
  • Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Gründen für die vegane Lebensweise, nicht einen einzigen entscheidenden Grund.
Die vollständige Arbeit können Sie hier, auf www.das-stimmt.net, herunterladen. Zudem haben Sie dort die Möglichkeit, die Daten entsprechend eigener Fragestellungen zu filtern. 
Für uns waren die Ergebnisse interessant, da die Mehrheit der hier befragten Personen noch nicht so lange vegan leben, dass sie bereits in den Studien zu vegetarisch-veganen Lebenswelten als vegan lebende Personen erfasst wurden. So sind Studien wie diese interessant, um die Ergebnisse zu vergleichen. Wie die zentralen Ergebnisse der Studie zeigen, stehen die Ergebnisse weitgehend  in Einklang mit den bislang gefunden Ergebnissen unserer Befragungen. 

Sonntag, 15. März 2015

Wie beeinflussen Einstellungen gegenüber Tieren die Stärke der kognitiven Dissonanz bei Fleischkonsum?

Vielleicht erinnern Sie sich an die Studie von Anna-Sophie Braun. Wir haben Ihnen den Link zur Teilnahme im letzten Sommer über unseren Verteiler zugesendet und einige von Ihnen haben teilgenommen. Insgesamt haben 243 Personen teilgenommen (86 vegan, 82 vegetarisch und  75 omnivor). Hier die Zusammenfassung der Studie:

„Zahlreiche Menschen konsumieren Fleisch und haben gleichzeitig eine positive Einstellung gegenüber Tieren. Dies impliziert das Vorliegen einer kognitiven Dissonanz. Mehrere Forschungsarbeiten haben sich bereits mit Strategien zur Auflösung dieses Konflikts beschäftigt. Die Masterarbeit richtete ihren Fokus auf die Frage, wieso vegane und vegetarische Menschen eine Änderung ihres Ernährungsverhaltens anstatt den Gebrauch dieser Strategien gewählt haben. Es wurde postuliert, dass ihre positive Einstellung gegenüber Tieren größer ist als die omnivorer Menschen. Es zeigte sich, dass vegane, vegetarische und omnivore Menschen sich hinsichtlich ihrer positiven Einstellung gegenüber Tieren tatsächlich unterscheiden. Alle Ernährungsgruppen zeigten sich dabei gegenüber Haustieren positiver eingestellt als gegenüber Nutztieren. Des Weiteren lassen sich zwischen den Gruppen Unterschiede hinsichtlich sozialer Dominanzorientierung und Präferenz für Intuition bei Entscheidungen finden. Diese sind jedoch nicht oder zumindest nur zum Teil für die Unterschiede in der positiven Einstellung gegenüber Tieren verantwortlich. Die positive Einstellung gegenüber Tieren kann somit als ein wichtiger möglicher Einflussfaktor auf die Wahl der Ernährungsform betrachtet werden. Dies lässt sich dadurch erklären, dass ihr Ausmaß die Stärke der kognitiven Dissonanz bei Fleischkonsum beeinflusst. Da kognitive Dissonanz als unangenehm empfunden wird, ist das Individuum motiviert, diesen Zustand zu beseitigen. Ab einem gewissen Ausmaß an kognitiver Dissonanz scheinen gängige Strategien zur Auflösung der Dissonanz unter Beibehaltung einer omnivoren Ernährung nicht mehr ausreichend zu sein. Die Änderung der Ernährungsform bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma an. Darüber hinaus konnte die Studie zeigen, dass vegane und vegetarische Menschen versuchen sich positiv von anderen Ernährungsgruppen abzugrenzen. Dabei spielt die Vergleichsdimension Wärme eine größere Rolle als die Dimension Kompetenz.“

Wenn Sie vertiefende Informationen zu der Studie von Anna-Sophie Braun wünschen, stellen wir Ihnen gerne den Kontakt her.

Donnerstag, 19. Februar 2015

Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Teilnahme!

Die aktuelle Studie ist nun beendet. Sobald die Ergebnisse ausgewertet sind, werden wir diese veröffentlichen. Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Teilnahme!